Arbeitssuchendmeldung – Gleiche Pflicht für alle

BAG, Urteil vom 12.10.2022, Az. 5 AZR 30/22

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass sich auch gekündigte Manager in Leitungsfunktion nach einer Kündigung bei der Agentur für Arbeit als „arbeitssuchend“ melden müssen. Ansonsten können auch ihnen Nachteile beim Anspruch auf Annahmeverzugslohn entstehen.

Der Kläger – ein leitender Angestellter und Experte im öffentlichen Auftragswesen für Rüstungsgüter – war gegen seinen Willen vom Arbeitgeber versetzt worden. Er hatte daraufhin die Arbeit verweigert und war prompt gekündigt worden. Seine Kündigungsschutzklage hatte bereits vor dem Arbeitsgericht Erfolg, er kam auf seinen vorherigen Posten zurück.

In einem weiteren Klageverfahren verlangte er nun aber noch eine Nachzahlung in Höhe von rund € 175.000,00 als Annahmeverzugslohn. Diesen verweigerte ihm der Arbeitgeber mit der Begründung, dass der Kläger sich während der Dauer des Kündigungsschutzprozesses nicht bei der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend gemeldet habe.

Das Arbeitsgericht sprach dem Kläger wegen eines Annahmeverzugs der Arbeitgeberin die geforderte Summe zu. Denn, so das Arbeitsgericht, der Mitarbeiter sei nicht verpflichtet gewesen, die Behörde einzuschalten. Jedenfalls könne keine Böswilligkeit angenommen werden, weil Positionen wie die seinige typischerweise nicht über die Arbeitsagenturen, sondern über „Headhunter“ besetzt würden. Mit anderen Worten: Er wäre ohnehin nicht von der Behörde vermittelbar gewesen.

Auch die Tatsache, dass der Kläger nebenberuflich „in einer steuerrechtlich als Liebhaberei zu qualifizierenden Weise“ mit Gebrauchtwagen handele sei unerheblich, da ihm nicht zugemutet werden könne, einen möglichen, von der ARGE vermittelten dauerhaften Job als Gebrauchtwagenverkäufer anzunehmen.

Das sah das Landesarbeitsgericht in der Berufung vollkommen anders. Weil der Kläger es vorsätzlich versäumt habe, sich arbeitslos zu melden, und damit seine sozialrechtliche Obliegenheit nach § 38 Absatz 1 SGB III verletzt habe, verliere er vollständig den Anspruch auf Annahmeverzugsentgelt. Schließlich könne einem Arbeitnehmer arbeitsrechtlich zugemutet werden, was ihm das Sozialgesetzbuch ohnehin abverlange, so das LAG.

Dass es vorher zu einer unwirksamen Versetzung und dann zur Entlassung kam, ändert daran aus Sicht des LAG nichts. Dies setze § 11 KSchG gerade voraus. Diese Vorschrift fordere einen Abzug beim Betroffenen auch für das, „was er hätte verdienen können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen".

Das Argument des Arbeitsgerichtes, dass herausgehobene Managementpositionen ausschließlich über externe Dienstleister vermittelt würden, sei nach den Richtern des LAG eine unbelegte Behauptung.

Dieser Argumentation folgte nunmehr wiederum das BAG in der Revision nicht und wies den Rechtsstreit unter Aufhebung des zweitinstanzlichen Urteils zur erneuten Verhandlung an das LAG zurück.

Die Erfurter Richter bemängelten die Würdigung der Gesamtumstände durch das Landesarbeitsgericht. Auch aus Sicht des BAG genüge die unterlassene Meldung bei der ARGE nicht, um dem Kläger die volle Nachzahlung des Verzugslohns abzuerkennen.

Das LAG wird sich also nochmals mit den Gesamtumständen befassen müssen. 

Tipp: Anzuraten ist Arbeitgebern in einem Annahmeverzugsprozess im Zusammenhang mit der vorliegenden BAG-Entscheidung von dem gekündigten Arbeitnehmer Auskunft über die Meldung als arbeitsuchend zu verlangen.

Gekündigten Arbeitnehmern – egal welcher „Gehaltsklasse“ – ist im Gegenzug anzuraten, der sozialrechtlichen Obliegenheit zur Meldung bei der ARGE nachzukommen, da ansonsten in den allermeisten Fällen kein Anspruch auf Annahmeverzugslohn mehr bestehe.

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