Urteile - Arbeitsrecht und Sozialversicherungsrecht

GmbH-Geschäftsführer mit Arbeitsvertrag? – Kündigungsschutz bei Betriebsübergang

BAG, Urteil vom 20.07.2023, Az. 6 AZR 228/22

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass ein Geschäftsführer einer GmbH, der keinen Dienst- sondern einen Arbeitsvertrag hat, im Falle eines Betriebsübergangs dem Kündigungsschutz unterfällt.

Der Kläger war kaufmännischer Angestellter und nach ca. 13 Jahren zum Geschäftsführer einer GmbH – einem Dienstleister in der Logistikbranche – bestellt worden. Ein entsprechender Vertrag zwischen ihm und der Gesellschaft wurde nicht geschlossen. Im Jahr 2019 ging die GmbH pleite, über ihr Vermögen wurde ein Insolvenzverfahren eröffnet. Ein anderes Unternehmen des Konzerns führte die Geschäfte fort, übernahm die wesentlichen Betriebsmittel – etwa die angemieteten Lagerräume – und kaufte auch sonst diverse Vermögenswerte. Kurz vor der Schlüsselübergabe kündigte der Insolvenzverwalter dem Kläger betriebsbedingt. Dieser legte am Tag nach der ausgebrachten Kündigung sein Amt als Geschäftsführer nieder.

Der Kläger wollte erreichen, dass sein Arbeitsverhältnis bei dem neuen Betriebsinhaber fortgeführt wird und klagte auf dessen Fortbestand. Denn nach seiner Ansicht sei er im Zuge des Betriebsübergangs bei dem Erwerber „gelandet“. Die gegen ihn ausgesprochene betriebsbedingte Kündigung sei sozial ungerechtfertigt, denn der neue Inhaber dürfe Arbeitnehmer nach einem Wechsel des Eigentümers gemäß § 613a Abs. 4 BGB nicht entlassen. Dem stehe aus seiner Sicht auch nicht entgegen, dass das Kündigungsschutzgesetz nicht für leitende Angestellte gelte, da er schließlich wegen Aufgabe der Organstellung kein Geschäftsführer mehr sei.

Die Klage hatte zunächst keinen Erfolg. Erst vor dem Bundesarbeitsgericht bekam der Kläger Recht. Das BAG hob das vorinstanzliche Urteil auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung zurück.

Denn, so die Bundesrichter, gelte auch entgegen dem Urteil der Vorinstanz für den geschassten Beschäftigten der im BGB niedergelegte Schutz bei einem Betriebsübergang. Das LAG hatte diesen nach Sinn und Zweck der Vorschrift ausgeschlossen, weil er eine Organstellung besessen habe – auch wenn er einen Arbeits- und keinen Dienstvertrag gehabt habe. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 613a Abs. 4 BGB gelte dieser für Arbeitsverhältnisse und erstrecke sich damit auf alle Arbeitnehmer. Das gelte auch für das dort gesetzlich festgelegte Kündigungsverbot.

Für das BAG waren auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Anwendung des § 613a BGB auf GmbH-Geschäftsführer, die ihre Geschäftsführertätigkeit auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags ausüben, zu zweckwidrigen Ergebnissen führen würde. Denn hinsichtlich der Rechtsverhältnisse von GmbH-Geschäftsführern sei strikt zwischen der Bestellung zum Organ der Gesellschaft und dem zugrunde liegenden Anstellungsverhältnis zu unterscheiden. Durch die Bestellung als solche werde keine schuldrechtliche Beziehung zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer begründet. Deshalb gehe die Organstellung – im Gegensatz zum Arbeitsverhältnis – nicht auf den Übernehmer des Betriebs über.

Gleichwohl konnte das BAG nicht entscheiden, sondern musste die Sache zurückverweisen. Denn die Vorinstanz habe nunmehr zu prüfen, ob überhaupt ein Betriebsübergang vorgelegen habe, der den Bereich des § 613a BGB überhaupt erst eröffne.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie in dem Mandantenbrief Dezember 2023.

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