Urteile - Arbeitsrecht und Sozialversicherungsrecht

Bleibt zum Dank „verpflichtet“ – Änderungswünsche im Arbeitszeugnis

BAG, Urteil vom 06.06.2023, Az. 9 AZR 272/22

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass ein Arbeitgeber eine Dankesformel nicht aus erzieherischen Gründen aus einem Arbeitszeugnis streichen darf, weil der ehemalige Arbeitnehmer mehrfach um Zeugnisverbesserung gebeten hat.

Die Klägerin – eine ehemalige Assistentin der Geschäftsführung – und die Beklagte waren arbeitstechnisch getrennte Wege gegangen. Die Klägerin beanspruchte die Erteilung eines Arbeitszeugnisses. Mit der ersten Version war sie nicht einverstanden und bat um Korrektur. Auch die zweite Version war nicht zur Zufriedenheit der Klägerin, was auch die dritte Version nicht erreichte.

Die dritte Version des Arbeitszeugnisses war letztlich der Grund für die Beschreitung des Rechtsweges durch alle Instanzen. Denn die beklagte ehemalige Arbeitgeberin hatte in der dritten Version des Zeugnisses zwar alle Änderungswünsche der Klägerin berücksichtigt, dafür aber die Dankesformel gestrichen, welche in den Vorversionen jedoch vorhanden war.

Begründet wurde die Streichung von der ehemaligen Arbeitgeberin mit dem Grundsatz der Zeugniswahrheit. Dieser verbiete es ihr eine solche Schlussformel zu verwenden, wenn sich „ihr subjektives Empfinden" nach der Erteilung des Zeugnisses geändert habe.

Die Bundesrichter gaben der Klägerin Recht und verurteilten die Beklagte zur Erteilung eines weiteren Arbeitszeugnisses – mit Dankesformel.

Es bestehe grundsätzlich zwar kein Anspruch auf eine Dankesformel in einem Arbeitszeugnis, im vorliegenden Fall ergebe sich ein solcher für die Klägerin jedoch aus dem Maßregelungsverbot des § 612a BGB. Dieses verbietet eine Benachteiligung eines Arbeitnehmers, der seine Rechte in zulässiger Weise ausübe. Die berechtigte Einwendung dürfte nicht zur Verschlechterung des Zeugnisses führen, so das BAG. Dies gelte im Übrigen auch über das Ende des Beschäftigungsverhältnisses hinaus.

Der geäußerte Dank für die Zusammenarbeit sei kein notwendiges Element eines qualifizierten Arbeitszeugnisses, jedoch hatte die Beklagte einen solchen Dank in den Vorversionen des Zeugnisses ausgesprochen. Das Weglassen in der dritten Version stelle somit eine Verschlechterung dar. Denn die guten Wünsche für den weiteren Berufsweg und die Dankesformel erhöhen regelmäßig die Bewerberchancen auf dem Arbeitsmarkt.

Der Gesetzgeber bezwecke mit dem Maßregelungsverbot, die Willensfreiheit der Arbeitnehmer zu schützen. Sie sollten ihre Rechte wahrnehmen können, ohne mögliche Repressalien durch den Arbeitgeber zu befürchten. Daher sei jeder Nachteil von dem Maßreglungsverbot umfasst, so die Richter.

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