Urteile - Arbeitsrecht und Sozialversicherungsrecht

Auf die Formulierung achten - Rückzahlungsklausel in Fortbildungsvereinbarung

BAG, Urteil vom 01.03.2022, Az. 9 AZR 260/21

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass eine Rückzahlungsklausel in einer Fortbildungsverein-barung, die eine Zahlungsverpflichtung des Arbeitnehmers unabhängig vom Grund einer Eigenkün-digung vorsieht, unwirksam ist.

Die Klägerin, eine Reha-Klinik, hatte eine ehemalige Arbeitnehmerin auf die Rückzahlung von Fortbildungskosten gerichtlich in Anspruch genommen. Die Beklagte war bei der Klägerin von 2017 bis 2020 als Altenpflegerin angestellt. Im Februar 2019 schlossen die Parteien eine Vereinbarung, wonach die Angestellte sich im Dezember 2019 zur Fachtherapeutin fortbilden durfte. Die Fortbildung erfolgte an 18 Arbeitstagen, an denen die Beklagte unter Lohnfortzahlung von der Arbeit freigestellt war, zudem wurden die Fortbildungskosten von der Klägerin getragen. Insgesamt hatte die Fortbildung einen „Wert“ von über € 4.000,00 (Lohnkosten und Kursgebühren). In der geschlossenen Vereinbarung verpflichtete sich die Arbeitnehmerin im Falle einer Eigenkündigung zur Rückzahlung der Gesamtkosten. Nach dem Ende der Fortbildung sollten pro Beschäftigungsmonat 1/6 des gesamten Rückzahlungsbetrages erlassen werden.

Kurz nach dem Ende der Fortbildung kündigte die Arbeitnehmerin das Arbeitsverhältnis zum 01.02.2020. Die Klinik forderte daraufhin anteilige Gesamtkosten für die bezahlte Fortbildung in Höhe von rund € 2.700,00 zurück.

Die Klage auf Rückzahlung scheiterte in allen Instanzen. 

In letzter Instanz bestätigte das BAG die vorherigen Entscheidungen. Die Rückzahlungsklausel in der geschlossenen Vereinbarung sei gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam und benachteilige die Beklagte entgegen den Geboten von Treu und Glauben.

Eine Rückzahlungsklausel sei dann unangemessen benachteiligend, wenn sie auch den Arbeitnehmer, der das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Bindungsdauer kündigt, weil es ihm unverschuldet dauerhaft nicht möglich sei, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, zur Erstattung der Fortbildungskosten verpflichtet. Der Umstand, dass sich die Investition in die Fortbildung eines Arbeitnehmers aufgrund unverschuldeter dauerhafter Leistungsunfähigkeit für ihn nicht amortisiere, sei dem unternehmerischen Risiko zuzurechnen, so die Richter. Die gegenständliche Bindung der gesonderten Vereinbarung an das Arbeitsverhältnis benachteilige die Beklagte auch deshalb unangemessen, weil die Beschränkung der durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteten arbeitsplatzbezogenen Berufswahlfreiheit des Arbeitnehmers bei dessen Leistungsunfähigkeit nicht durch den Ausbildungsvorteil ausgeglichen werde.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie in dem Mandantenbrief Juli 2022.

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