Die Klägerin war als eine von zwei Angestellten seit Anfang 2002 bei dem Beklagten beschäftigt. Sie hatte in Ihrer gesamten Berufslaufbahn im Dienste des Beklagten keinerlei Abmahnungen erhalten. Mitte Januar 2013 hatte die Klägerin ihren Arbeitgeber informiert, dass bei ihr ein erneuter Versuch der künstlichen Befruchtung bevorsteht. Der Embryonentransfer erfolgte am 24. Januar. Am 31. des selben Monats sprach der Beklagte der Klägerin die ordentliche Kündigung ohne behördliche Zustimmung aus. Die Stelle wurde anschließend mit einer älteren Arbeitnehmerin besetzt. Am 7. Februar 2013 wurde bei der Gekündigten die Schwangerschaft festgestellt, worüber sie den Beklagten am 13. Februar 2013 informierte. Dabei berief Sie sich auf die Unwirksamkeit der Kündigung. Die darauf folgende Kündigungsschutzklage hatte in allen Instanzen Erfolg.
Kündigungsschutz und Benachteiligungsverbot verletzt
Der 2. Senat des BAG erklärte die Kündigung in seinem Urteil vom 26. März 2015 für unwirksam. Seiner Auffassung nach genoss die Klägerin zum Kündigungszeitpunkt bereits den besonderen Kündigungsschutz wegen Schwangerschaft, denn diese beginne bei einer Befruchtung außerhalb des Körpers (In-vitro-Fertilisation) bereits mit Einsetzung der befruchteten Eizelle und nicht erst mit Ihrer erfolgreichen Einnistung (Nidation).
Zudem verstoße die Kündigung gegen das Benachteiligungsverbot des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Hierzu hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts vorliegen könne, wenn ein Kündigung hauptsächlich ausgesprochen werde, weil die Arbeitnehmerin eine künstliche Befruchtung habe durchführen lassen (EuGH, FD-ArbR 2008, 254084). Genau dieser Umstand hat in Augen des Senats vorgelegen.
Klarheit geschaffen
Das Urteil ist in Anbetracht bisheriger Rechtsprechung nicht überraschend. Herausragend ist jedoch, dass das Arbeitsgericht erstmalig Klarheit betreffend des Zeitpunktes eines Schwangerschaftsbeginns bei künstlicher Befruchtung geschaffen hat. Der EuGH hatte in seiner o.g. Entscheidung offen gelassen, ob der Embryonentransfer nach unionsrechtlichen Kündigungsschutzvorschriften ausreicht. Er hatte jedoch betont, dass wegen des Zwecks des Kündigungsverbots vom frühestmöglichen Zeitpunkt auszugehen sei. Diesem Umstand trägt der vom BAG gewählte, sehr frühe Zeitpunkt – mit Einsetzung der befruchteten Eizelle – Rechnung.