Urteile - Gewerblicher Rechtsschutz

Nuancen entscheiden: BGH urteilt zu NIVEA-Blau im Streit um abstrakte Farbmarken

Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des Bundespatentgerichts im Prozess um die Farbmarke der Marke NIVEA (Dunkelblau) am 09. Juli 2015 gekippt. Eine endgültige Entscheidung in dem Streit zwischen Beiersdorf und Unilever steht jedoch noch nicht. Erstmal muss ein neues Gutachten erstellt werden, das aktualisierten Richtlinien folgt. Relevant ist dieser Beschluss auch für den Deutschen Sparkassen- und Giroverband. (BGH, Beschluss v. 09.07.2015, I ZB 65/13)

Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung der beiden internationalen Konzerne steht der spezielle Farbton „Pantone 280 C“. Unilever sagt, für die NIVEA-Produkte werde das Blau ausschließlich „dekorativ“ verwendet. Für Beiersdorf ist der Farbton jedoch eine „Hausfarbe“, die fester Markenbestandteil ihrer Haut- und Körperpflegeprodukte ist. Das Bundespatentgericht hatte 2013 gegen das deutsche Traditionsunternehmen entschieden und die Löschung der Marke bestätigt. 

BGH verlangt erneute gutachterliche Untersuchung
Diese Entscheidung stellt der BGH in Frage. Das BPatG hatte sein Urteil auf Grundlage einer Verbraucherstudie getroffen. In dieser wurde den Teilnehmern das reine Blau vorgelegt, um zu sehen, wie viel Prozent der Befragten die Farbe eindeutig NIVEA zuordnen. Das Ergebnis waren 58 Prozent. Die Patentrichter hielten dies für unzureichend. Sie verlangten einen Erkennungswert von mindestens 75 Prozent.
Die Bundesrichter sind nun der Auffassung, dass geprüft werden müsse, „ob das BPatG nicht zu strenge Maßstäbe angelegt hat“. Sie verlangen eine Orientierung an einer aktuelleren Entscheidung  des Europäischen Gerichtshofs aus 2014. Dabei hatte der EuGH zu entscheiden, ob eine Farbmarke zu löschen sei, wenn weniger als 70 Prozent der Verbraucher sie eindeutig einer bestimmten Marke zuordnen können. Das Urteil der EU Richtiger lautete, dass es reiche, wenn ein „wesentlicher Teil“ der Verbraucher die Farbe als Marke wiedererkennne.

Neue Vorgaben für Verbraucherumfrage
Diesem Vorbild folgt der BGH. Laut seinem Beschluss, reicht es zum Schutz abstrakter Farbmarken aus, wenn mehr als 50 Prozent der Verbraucher den Farbton als typisches Kennzeichen des Unternehmens erkennen. Damit stehen die Chancen für die Beiersdorf AG gut. 

Hoffnung für die Sparkassen
Der aktuelle Verlauf des NIVEA-Verfahrens macht auch dem Deutschen Sparkassen und Giroverband Hoffnung. Er steckt im Rechtsstreit mit der spanischen Santander Bank um die Löschung des „Sparkassen-Rots“. Das BPatG hatte den Sparkassen den Markenschutz bereits abgesprochen: „In Zeiten eines grenzübergreifenden Bankverkehrs soll die Farbe als Marke keinen Bestand mehr haben“, so die Patentrichter. Nun hat der Deutsche Sparkassen- und Giroverband jedoch Revision beim BGH angekündigt – schließlich stehen die Erfolgsaussichten vor dem Hintergrund der neueren Entscheidungstendenz des BGH und des EuGH nicht schlecht.

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