BAG, Beschluss vom 24.06.2025, Az. 8 AZR 4/25
Das Bundesarbeitsgericht hat sich mit der Frage zu beschäftigen, ob die Löschung von Bewerberdaten „nach DSGVO“ zu einem „emotionalen Ungemach“ des Bewerbers und somit zu einem Schadenersatzanspruch führen kann. Das BAG hat die Sache zunächst ausgesetzt, da eine Entscheidung des EuGH aussteht.
Was war geschehen? Ein Mann hatte sich bei einem Unternehmen auf eine Stellenanzeige als Sachbearbeiter im Forderungsmanagement beworben. Da der Bewerber zunächst keine Rückmeldung erhielt, wurde es ihm zu bunt. Er formulierte selbst eine „Absage“ seinerseits und bat um Erteilung einer Auskunft sowie einer Datenkopie nach Art. 15 DSGVO über die zu ihm gespeicherten Daten.
Das Unternehmen teilte dem (ehemaligen) Bewerber mit, dass alle Bewerbungsunterlagen „gemäß den Vorgaben der DSGVO" vernichtet worden seien.
Das nahm der Bewerber so nicht hin und forderte eine Geldentschädigung, da sich das Unternehmen nach seiner Überzeugung ihren Pflichten aus Art. 15 DSGVO vorsätzlich entzogen und durch die Löschung der Daten auch gegen die DSGVO verstoßen habe.
Vor Gericht berief er sich auf einen Kontrollverlust über seine Daten, welcher bei ihm zu „emotionalem Ungemach" geführt habe. Für die gerichtliche Durchsetzung seines Grundrechts auf Auskunft müsse er viel Mühe und Zeit investieren, zudem müsse er ein Prozesskostenrisiko in Kauf nehmen. Dies alles nur aus dem Grund, weil die Beklagte ihren datenschutzrechtlich normierten Auskunftspflichten nicht nachkomme. Nach seiner Ansicht sei ein solcher „Gefühlsschaden" ausreichend, um einen angemessenen Schadenersatz zu verlangen.
Das Arbeitsgericht Düsseldorf entschied gegen den Kläger. Aus Sicht des Arbeitsgerichts stehe dem Kläger kein Schadenersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO zu, da er keinen immateriellen Schaden nachgewiesen habe.
Das Gericht folgte bei der Entscheidung der Rechtsprechung des EuGH sowie einigen Literaturstimmen, wonach ein bloßer Verstoß gegen die DSGVO keinen Schadensersatzanspruch begründe. Art. 82 DSGVO verlange bereits dem Wortlaut nach einem konkreten Schaden.
In der Urteilsbegründung führte das Arbeitsgericht weiter aus, dass der alleinige Kontrollverlust über die eigenen Daten mangels unverzüglicher Auskunfts- und Kopieerteilung keinen ersatzfähigen immateriellen Schaden darstelle. Allein der diffuse Verweis darauf, dass dies für den Mann ein „emotionales Ungemach" darstelle, genüge nicht zur Darlegung eines immateriellen Schadens nach Art. 82 DSGVO. Die Tatsache, dass die Beklagte vorliegend den Auskunftsanspruch formal nicht erfüllt, sondern mit dem Hinweis reagiert habe, sie habe die Bewerbungsunterlagen gelöscht, stelle kein taugliches Indiz dafür dar, dass ein Missbrauch oder eine konkrete Beeinträchtigung seiner physischen oder psychischen Sphäre ernsthaft befürchtet werden müsse, so das Gericht weiter.
Gegen die abgewiesene Klage legte der Kläger das Rechtsmittel der Berufung zum Landesarbeitsgericht ein.
Die Richter des LAG folgten jedoch der Ansicht der Vorinstanz, so dass der Kläger in die Revision zum Bundesarbeitsgericht ging. Die Bundesrichter haben nun über den Schadenersatzanspruch zu entscheiden. Wegen der Anhängigkeit eines vom BGH eingeleiteten Vorabentscheidungsersuchens zum EuGH hat das BAG die Sache vorerst ausgesetzt.
In dem Vorabentscheidungsersuchen des BGH geht es um die Beantwortung der relevanten Fragen, ob die Regelungen in Art. 82 DSGVO (Haftung und Recht auf Schadenersatz) so zu verstehen seien, dass sie einer betroffenen Person auch wegen Verletzung ihres Auskunftsrechts nach Art. 15 DSGVO einen Anspruch auf Schadenersatz für den wegen einer verspäteten oder unvollständigen Auskunft entstandenen immateriellen Schaden einräumen.
Außerdem will das BAG vom EuGH die Frage beantwortet haben, ob bereits die mit einer Verletzung der Auskunftspflicht nach Art. 15 DSGVO einhergehende Ungewissheit über die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten und die daraus resultierende Hinderung daran, die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung zu überprüfen und etwaige diesbezügliche Rechte geltend zu machen, einen immateriellen Schaden im Sinn von Art. 82 DSGVO darstelle.