Urteile - Gewerblicher Rechtsschutz

Kommt nicht auf die Größe an – „Zentrum“ mit zwei Ärzten zulässig

OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 11.05.2023, Az. 6 U 4/23

Darf sich eine Gemeinschaftspraxis, die lediglich aus zwei Ärzten besteht als „Zentrum“ bezeichnen? Mit dieser Frage hatte sich das OLG Frankfurt a.M. in der zweiten Instanz auseinanderzusetzen.

Antragsteller war der Betreiber einer Praxis für plastische Chirurgie in Darmstadt. Er hielt die Bezeichnung „Zentrum für plastische und ästhetische Chirurgie“ der beiden Antragsgegner – beide Fachärzte für plastische und ästhetische Chirurgie, einer der beiden Antragsgegner zudem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie – für irrführend und somit wettbewerbswidrig.

In einem Eilverfahren bekam der Antragsteller zunächst Recht. Den Antragsgegnern wurde einstweilen untersagt unter der Bezeichnung „Zentrum“ zu werben und ihre Leistungen anzubieten. Begründet wurde dies vom Landgericht damit, dass in dem „Zentrum“ nur zwei Ärzte beschäftigt und dies nicht ausreichend sei.

Diese Auffassung teilte das Oberlandesgericht in der Berufung nicht. Die Bezeichnung der von den Antragsgegnern betriebenen Arztpraxis als „Zentrum" für ästhetische und plastische Chirurgie sei für den Verkehr nicht irreführend, so das OLG. Maßgeblich sei, wie der angesprochene Verkehr die beanstandete Werbung verstehe. Grundsätzlich erwarte der Verkehr zwar bei dem Begriff „Zentrum" eine personelle und sachliche Struktur eines Unternehmens, die über vergleichbare Durchschnittsunternehmen hinausgehe. Jedenfalls im medizinischen Bereich weise der Begriff „Zentrum" aber nicht (mehr) auf eine besondere Größe hin, so die Richter.

Denn nach den aktuellen gesetzlichen Voraussetzungen, welche für ein „Medizinisches Versorgungs-zentrum“ (MVZ) im SGB V geregelt seien, erfordere seit 2015 ein MVZ keine bestimmte Größe. Praxen mit zwei tätigen Ärzten hätten demnach die Möglichkeit, unter der Bezeichnung „Medizinisches Versorgungszentrum" auf dem Markt aufzutreten. Der Verkehr sei mit der Häufigkeit des Auftretens von solchen MVZ auf dem Markt an diese Begrifflichkeit gewöhnt.

Dieses häufige Auftreten der (Versorgungs-)Zentren auf dem Markt der Versorgung mit medizinischen Dienstleistungen wirke nach Ansicht des Senates einem Verständnis der Verkehrskreise entgegen, wonach von einer überdurchschnittlichen Größe der Praxis ausgegangen werden würde.

Ob die Entscheidung rechtskräftig ist, ist diesseits nicht bekannt.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie in dem Mandantenbrief Juni 2023.

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