Urteile - Arbeitsrecht und Sozialversicherungsrecht

Fließende Grenze – Kein Ende der Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung mit dem 65. Geburtstag

SG Frankfurt a. M., Urteil vom 27.03.2023, Az. S 15 AL 135/22

Nach einer Entscheidung des Sozialgerichts Frankfurt a.M. endet die Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung erst mit dem Zeitpunkt, der zum Bezug der Regelaltersrente berechtigt und nicht schon direkt mit dem Geburtstag.

Auf eigenen Antrag hin war die Klägerin als Selbstständige seit 2007 in der Arbeitslosenversicherung versichert. Im Dezember 2020 vollendete sie das 65. Lebensjahr. Die Agentur für Arbeit setzte bis einschließlich September 2021 Beiträge fest, da aufgrund der stufenweisen Anhebung das Renteneintrittsalter für die Klägerin 65 Jahre und neun Monate betrage und das Versicherungsverhältnis erst zu diesem Zeitpunkt endete.

Die Klägerin hielt das für ungerechtfertigt und begehrte im Klagewege die Aufhebung und Erstattung der Beiträge für Januar bis September 2021, da sie nach ihrer Ansicht zum 01.01.2021 das maßgebliche 65. Lebensjahr für den Renteneintritt erreicht habe.

Die Klage wurde abgewiesen. Das Gericht gab der Agentur für Arbeit Recht. Das Gericht führte aus, dass der Begriff des „Lebensjahres“ in der maßgeblichen Vorschrift dahingehend auszulegen sei, dass das Versicherungsverhältnis mit Erreichen der Regelaltersgrenze für den Anspruch auf Regelaltersrente ende. Bei dem Wortlaut „Lebensjahr“ handle es sich um eine gesetzgeberische Fehlformulierung. Sie führe bei Personen, die der monatsweisen Anhebung der Regelaltersgrenze unterfielen (Geburtsjahr-gänge 1947 bis 1963), zu einem Auseinanderfallen zwischen Versicherungsverhältnis und Anspruch auf Regelaltersrente.

Die gesetzliche Regelung bezwecke jedoch die Beendigung des Versicherungsverhältnisses zu dem Zeitpunkt, in welchem ein Wechsel des Sicherungssystems stattfinde, so die Richter.

Die vorherige Fassung des Gesetzes habe den Eintritt der Versicherungsfreiheit mit Erreichen des 65. Lebensjahres vorgesehen. Aufgrund der ab 01.01.2008 umgesetzten schrittweisen Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre habe die Vorschrift angepasst werden müssen. Eine inhaltliche Änderung habe der Gesetzgeber aber nicht beabsichtigt. Personen, die das Lebensalter erreichten, das zum Bezug der Regelaltersrente berechtige, seien ab diesem Zeitpunkt nicht mehr in den Schutzbereich der Arbeitslosenversicherung, sondern den der gesetzlichen Rentenversicherung einbezogen.

Ob die Entscheidung rechtskräftig ist, ist nicht bekannt.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie in dem Mandantenbrief Juni 2023.

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