Urteile - IT-Recht

Digitaler Nachlass die zweite- Vererbung des Facebook-Accounts

(Kammergericht Berlin, Urteil vom 31.05.2017, Az.: 21 U 9 /16)

Das Kammergericht hat in zweiter Instanz zu Gunsten von Facebook entschieden und die Klage einer Mutter, die den Zugang zu dem Facebook-Account ihres verstorbenen Kindes zusammen mit dem Kindesvater aus Erbrecht durchsetzen wollte, abgewiesen und damit zugleich das Urteil des Landgerichts Berlin vom 17.12.2015 (20 O 172/15) abgeändert. Das Landgerichts hatte noch eine Berechtigung bejaht, den Zugang zum Facebook-Account der verstorbenen Tochter fordern zu können. Wie das Kammergericht nun in der Berufung entschied, stehe der Schutz des Fernmeldegeheimnisses dem Anspruch der Erben entgegen, Einsicht in die Kommunikation der Tochter mit Dritten zu erhalten.

Facebook bietet Angehörigen nach dem Tod eines Netzwerkmitgliedes die Möglichkeit, die Löschung des Profils zu beantragen oder es in den sogenannten "Gedenkzustand" versetzen zu lassen.

Wird das Facebookprofil einmal in diesen "Gedenkzustand" versetzt, kann sich niemand mehr in das Profil einloggen und nur noch Freude und Familie können etwas in der Timeline posten. In diesem Zustand befand sich das Profil der verstorbenen Tochter der Klägerin.

Um Informationen über den Tod der minderjährigen Tochter zu erlangen, beantragte die Klägerin als Erbin und Erziehungsberechtigte, den Facebook-Account für sie freizugeben. Mit diesem Begehren scheiterte die Mutter jedoch nun in der zweiten Instanz vor dem Kammergericht Berlin, nachdem Facebook gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung eingelegt hatte.

Das Kammergericht ließ jedoch offen, ob die Klägerin und der Kindesvater als Erben in den Vertrag mit Facebook eingerückt seien. Nach Ansicht des Senates bedurfte die Frage der Vererbbarkeit des Facebook-Account in das Erbe falle und die Erbengemeinschaft Zugang zu den Account-Inhalten erhalten müsse, stehe das Fernmeldegeheimnis nach dem Telekommunikationsgesetz (TKG) dem entgegen, so die Richter.

Ursprünglich sei das TKG zwar für Telefonanrufe geschaffen worden, das Fernmeldegeheimnis werde jedoch in Art. 10 GG geschützt und sei damit eine objektive Wertentscheidung der Verfassung. Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erstreckt sich das Fernmeldegeheimnis aber auch auf E-Mails, die auf den Servern von Providern gespeichert sind. Denn der Nutzer sei schutzbedürftig, da er nicht die technische Möglichkeit habe, zu verhindern, dass die E-Mails durch den Provider weitergegeben werden. Dies gilt entsprechend für sonstige, bei Facebook gespeicherte Inhalte, die nur für Absender und Empfänger oder jedenfalls für einen beschränkten Nutzerkreis bestimmt sind. Nach dem TKG vorgesehene Ausnahmen griffen nach Ansicht des Senats nicht.

Ebenso wenig existierende eine andere gesetzliche Vorschrift, die es erlaube, vom Schutz des Fernmeldegeheimnisses eine Ausnahme zu machen (sog. "kleines Zitiergebot"). Insbesondere das im BGB geregelte Erbrecht lasse nicht erkennen, dass der Gesetzgeber den Willen gehabt habe, das Fernmeldegeheimnis einzuschränken. Auch aus sonstigen Gründen sei es nicht geboten, ohne gesetzliche Regelung Ausnahmen zuzulassen und vom "kleinen Zitiergebot", so die Richter. Der Senat verneinte darüber hinaus, dass insbesondere das Recht der elterlichen Sorge zu einem solchen Anspruch führen würde, da das Sorgerecht mit dem Tod des Kindes erlösche.

Die Angelegenheit könnte jedoch noch in eine weitere Runde gehen, denn das Kammergericht hat die Revision zum BGH zugelassen.

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