Urteile - Arbeitsrecht und Sozialversicherungsrecht

Die Finger „verbrannt“

Außerordentliche Kündigung aufgrund privater „Raubkopien“ am Arbeitsplatz

Unabhängig von einem Verstoß gegen das Urheberrecht kann die Nutzung des dienstlichen Computer zum Kopieren von Bild- und Tonträgern auf dienstliche DVD- und CD-Rohlinge eine außerordentliche Kündigung des Arbeitnehmers rechtfertigen.

Der Kläger, ein Justizangestellter, war seit 1992 beim beklagten Land beschäftigt und dort als IT-Verantwortlicher u.a. mit der Beschaffung von DVD- und CD-Rohlingen für den dienstlichen Gebrauch betraut. Bis eines Tages in der Verwaltung die Differenz zwischen bestelltem und dienstlichen Bedarf auffiel…

In einem Personalgespräch räumte der Mitarbeiter gegenüber seinem direkten Vorgesetzen ein, den dienstlichen Farbdrucker seit längerer Zeit für die Herstellung von CD-Covern genutzt zu haben. Auf den Festplatten seines Dienstrechner wurden zudem mehr als 6.400 E-Book-, Bild-, Audio- und Videodateien sowie ein Programm zur Umgehung des herstellereigenen Kopierschutzes entdeckt.

Sein Zugeständnis, die dienstlichen Rechner und Zubehörteile für die Herstellung privater „Raubkopien“ verwendet zu haben, nahm der Mitarbeiter jedoch nach einigen Tagen wieder zurück. Das Land kündigte dem Justizangestellten fristlos, hilfsweise ordentlich.

Dieser erhob dagegen Kündigungsschutzklage vor dem zuständigen Arbeitsgericht, wo der Klage stattgegeben wurde. Auch in der Berufung wurde die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts noch bestätigt, weil u.a. unklar sei, welchen Tatbeitrag der Kläger zu den Kopier- und Brennvorgängen geleistet haben soll. Auch wurden die landeseigenen Ermittlungen – ohne die Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden – bemängelt. Es sei weder eine umfassende und somit möglicherweise entlastende Aufklärung geleistet worden, noch habe hierdurch der Beginn der zweiwöchigen Frist für die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung gehemmt werden können.

Erst in der letzten Instanz konnte das Land das Verfahren für sich entscheiden. Laut Urteil des Senates komme die fristlose Kündigung auch in Betracht, wenn der Kläger nicht alle fraglichen Handlungen selbst vorgenommen, sondern dabei möglicherweise mit anderen Bediensteten zusammengewirkt oder diesen das Herstellen von „Raubkopien“ bewusst ermöglicht habe.

Auch die eigenen Ermittlungen seien dem Land zuzugestehen und solange diese zügig durchgeführt worden seien, werde hierdurch auch der Beginn der Frist des § 626 Abs. 2 BGB gehemmt. Welche Maßnahmen das beklagte Land gegenüber den anderen möglicherweise involvierten Bediensteten ergriffen habe, sei ebenso wie eine mögliche Urherberrechtsverletzung irrelevant, da der Gleichbehandlungsgrundsatz im Kontext einer verhaltensbedingten Kündigung grundsätzlich keine Anwendung finde.

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16.07.2015, Az. 2 AZR 85/15

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