Urteile - Arbeitsrecht und Sozialversicherungsrecht

Auf los geht`s los!? – Kündigung wegen Manipulation der Arbeitszeit

LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 28.03.2023, Az. 5 Sa 128/22

Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat entschieden, dass das arbeitsvertragliche Vertrauensverhältnis nachhaltig zerrüttet ist, wenn ein Arbeitnehmer seine Arbeitszeiten manipuliert.

Geklagt hatte ein Servicemitarbeiter eins Jobcenters gegen seine Kündigung des Arbeitsvertrages. Diese war ihm gegenüber ausgesprochen worden, weil der Arbeitgeber ihn verdächtigte, bei der Zeiterfassung manipuliert zu haben.

Der Kläger war in Vollzeit beschäftigt und hatte seine Arbeit grundsätzlich im Dienstgebäude des Arbeitgebers zu erbringen. Seine Arbeit konnte er jedoch in Gleitzeit beginnen und beenden. Gleichwohl fiel seiner Vorgesetzten auf, die nur in Teilzeit beschäftigt war, dass der Kläger trotz seiner Vollzeitbeschäftigung später als sie bei der Arbeit erschien und den Arbeitsplatz dafür aber auch früher wieder verließ.

In Absprache mit der Personalvertretung wurde eine Überprüfung der Anwesenheit durchgeführt. Das Ergebnis war, dass der Kläger, obwohl er sich in der Zeiterfassung als „anwesend“ angemeldet hatte, sich nicht in seinem Büro befand und dieses zudem abgeschlossen war. So kam der Verdacht bei dem beklagten Arbeitgeber auf, dass er die Anwesenheitserfassungen vor Arbeitsbeginn über den Mobilarbeitszugriff seiner ebenfalls im Jobcenter tätigen Lebensgefährtin, die größtenteils rechnergestützt im Homeoffice arbeitete, von zu Hause aus manipulierte. Mit dem Vorwurf konfrontiert, konnte der Arbeitnehmer die Abweichungen nicht widerspruchsfrei erklären. Er wurde ordentlich gekündigt und klagte gegen seine Entlassung.

Bereits das Arbeitsgericht sah die Kündigung als sozial gerechtfertigt an. Dies wurde nun vom Landesarbeitsgericht bestätigt.

Nach Ansicht des Gerichts sei die Manipulation der Zeiterfassungsdokumentation ein so schwerwiegender Vertrauensbruch, dass eine Abmahnung nicht mehr ausgereicht hätte. Zudem verweisen die LAG-Richter auf die hohen Hürden für eine Verdachtskündigung, sahen aber in der Manipulation der Dokumentation, die sie aufgrund der Zeugenaussagen in der ersten Instanz zugrunde legten, Tatsachen, die auch eine außerordentliche Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB rechtfertigen würden.
Der vorsätzliche Verstoß gegen Dokumentationspflichten bei der Arbeitszeiterfassung sei grundsätzlich geeignet, ein wichtiger Grund in diesem Sinne zu sein, egal ob nun die Stechuhr manipuliert oder Formulare wissentlich falsch ausgestellt würden. Und auch mit falschen Angaben bei der elektronischen Zeiterfassung verletze ein Arbeitnehmer in erheblicher Weise die sich aus § 241 Abs. 2 BGB ergebende Pflicht zur Rücksichtnahme, so das LAG unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BAG.

Das LAG befand, dass ein dringender Verdacht eines Arbeitszeitbetruges bestand, welcher auch strafrechtlich sanktioniert sei. Die Richter stellten aber nicht nur auf die strafrechtliche Bewertung ab, sondern auch auf den mit der Manipulation verbundenen Vertrauensbruch. Der Arbeitgeber müsse darauf vertrauen können, dass die am Gleitzeitmodell teilnehmenden Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit korrekt dokumentieren, insbesondere, wenn er ihnen den Nachweis selbst übertrage.

Ob die Revision zugelassen wurde, ist diesseits nicht bekannt.

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