Urteile - Arbeitsrecht und Sozialversicherungsrecht

Altersfreizeit? – Urlaub zurück!

BAG, Urteil vom 25.01.2022, Az.: 9 AZR 230/21

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass ein fest vereinbarter Tag für Altersfreizeit nicht durch einen Urlaubsantrag nachträglich zu einem Arbeitstag werden könne. Die Arbeitspflicht besteht für den Tag der Altersfreizeit nicht, so dass hierfür kein Urlaub zu nehmen sei.

Geklagt hatte ein älterer Beschäftigter auf Gutschrift eines Urlaubstages. In dem Unternehmen, in dem der Kläger beschäftigt ist, haben aufgrund einer Betriebsvereinbarung alle Arbeitnehmer ab 57 Jahren einen Anspruch auf Altersfreizeit. Zusammengefasst zu ganzen Arbeitstagen ergaben sich im Jahr 2019 für den Kläger sechzehn freie Tage. Diese Altersfreizeit wurde in einem Plan festgehalten. Laut Plan betraf dies im Falle des Klägers einen Mittwoch, alle drei Wochen. In dem streitigen Fall auch Mittwoch, den 22.05.2019. Vom 20.05. bis zum 31.05.2019 nahm der Kläger Urlaub.

Der Arbeitgeber zog dem Kläger auch für den Mittwoch, 22.05.2019, einen Urlaubstag ab. Damit war dieser nicht einverstanden, da ja dieser Tag „Altersfreizeit“ sei. Der Arbeitgeber argumentierte, dass nach der einschlägigen Norm des Manteltarifvertrags der Chemischen Industrie der Urlaubsantrag vorrangig vor der Altersfreizeit sei. Dort heißt es: „Die Altersfreizeit entfällt, wenn der Arbeitnehmer am gleichen Tag aus einem anderen Grund, insbesondere wegen Urlaub, Krankheit, Feiertag oder Freistellung von der Arbeit nicht arbeitet. Macht der Arbeitnehmer von einer Altersfreizeit keinen Gebrauch, so ist eine Nachgewährung ausgeschlossen."

Sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem Landesarbeitsgericht scheiterte die Klage, der Kläger bekam seinen Urlaubstag nicht zurück. Erst in der Revision bekam der Kläger dann Recht. 

Das BAG entschied, dass die Vorinstanzen den Manteltarifvertrag falsch verstanden hätten. Entgegen der dortigen Ansicht sei eine Zusammenfassung von Urlaub und Altersfreizeit zulässig. Die Regel bewirke nicht, dass für bereits freie Tage zusätzlich Urlaub genommen werden müsse. Lediglich umgekehrt könne für einen bereits bewilligten Urlaubstag keine Altersfreizeit mehr vereinbart werden, so die Richter. 

Nach dem Urteil der Erfurter Richter sprechen auch systematische Gründe für eine solche Schlussfolgerung. Denn während bei der Gleitzeit ausdrücklich bestimmt worden sei, dass Zeitguthaben nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit Urlaub verbraucht werden dürften, fehle eine solche Regel bei der Altersfreizeit. Der in der Ferienzeit liegende freie Tag stelle auch keinen Verstoß gegen das Gebot der zusammenhängenden Gewährung von Urlaub dar. Denn, so die Richter weiter, gefährde auch eine Unterbrechung des Urlaubs durch Sonn- und Feiertage den Erholungszweck des Urlaubs nicht.

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